Offener Brief: Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen

Am 01. Juni 2017 hat das >> Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) die Entwurfsfassung der aktualisierten >> Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) publiziert. Die MVV TB dient im Sinne der Musterbauordnung (MBO) als Verwaltungsvorschrift zur Konkretisierung der allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen, Bauprodukte und andere Anlagen und Einrichtungen durch Technische Baubestimmungen. Sie wird voraussichtlich Ende Juli 2017 zunächst abschließend veröffentlicht.

Der Entwurf hat in der Wohnungslüftungsbranche zu Ungewissheit geführt, ob Wohnungslüftungsgeräte mit einer Luftleistung von höchstens 1.000 m³/h weiterhin einer allgemein bauaufsichtlichen Zulassung unterliegen. In diesem offenen Brief, der nach bestem Wissen des TZWL erstellt worden ist und nur die Lesart des TZWL widerspiegelt, wird anhand der Bauregelliste als status quo, der Bauproduktenverordnung (>> Verordnung (EU) Nr. 305/2011), dem Entwurf der MVV TB und der MBO erklärt, warum das TZWL die Prüfung von Wohnungslüftungsgeräten nach DIBt-Prüfnormen und die darauf basierende Zulassung dieser Geräte als weiterhin obligatorisch ansieht. Diese Auslegung impliziert keinerlei rechtliche Bindung, für weitere Informationen zum Verständnis der MVV TB verweist TZWL auf das DIBt als Herausgeber.

Die Bauregelliste 2015/2 B Teil 2 befasst sich in Kapitel 1, Technische Gebäudeausrüstung, in Punkt 1.2.4 mit Lüftungsgeräten. In den Vorbemerkungen zu den Bauregellisten wird die Liste B Teil 2 wie folgt definiert: „In die Bauregelliste B Teil 2 werden Bauprodukte aufgenommen, die aufgrund der Vorschriften zur Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften in den Verkehr gebracht und gehandelt werden, wenn die Richtlinien Grundanforderungen nach Artikel 3 Absatz 1 der Bauproduktenverordnung nicht berücksichtigen und wenn für die Erfüllung dieser Anforderungen zusätzliche Verwendbarkeitsnachweise oder Übereinstimmungsnachweise nach den Bauordnungen erforderlich sind; diese Bauprodukte bedürfen neben der CE-Kennzeichnung auch des Übereinstimmungszeichens (Ü-Zeichen) nach den Bauordnungen der Länder.“

Der zitierte Artikel 3 Abs. 1 der Bauproduktenverordnung lautet wie folgt: „Die Grundanforderungen an Bauwerke gemäß Anhang 1 sind die Grundlage für die Ausarbeitung von Normungsaufträgen und harmonisierter technischer Spezifikationen.“ Im Anhang 1 werden folgende Grundanforderungen an Bauwerke und damit an die in Bauwerken installierten Bauprodukte und technische Gebäudeausrüstungen festgelegt: 1. Mechanische Festigkeit und Standsicherheit, 2. Brandschutz, 3. Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz, 4. Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung, 5. Schallschutz, 6. Energieeinsparung und Wärmeschutz sowie 7. Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen.

Die Einordnung von Lüftungsgeräten in Bauregelliste B Teil 2 impliziert im Folgeschluss, dass einige der oben genannten Grundanforderungen an Gebäude für Lüftungsanlagen nicht gänzlich durch das CE-Zeichen abgedeckt werden, und dass zusätzlich zum CE-Zeichen ein Übereinstimmungszeichen des Landes notwendig ist. Gestützt wird dieses Verständnis durch die Eintragung von Lüftungsgeräten (1.2.4, S. 177), bei der in der Spalte „Zusätzlich zur CE-Kennzeichnung erforderlicher Verwendbarkeits- und Übereinstimmungsnachweis […]“ eine allgemein bauaufsichtliche Zulassung (Z) als Verwendbarkeitsnachweis bestimmt wird.

Der Entwurf der MVV TB beschäftigt sich in Kapitel B mit Wohnungslüftungsgeräten. Kapitel B beinhaltet Technische Baubestimmungen, „die bei der Erstellung bestimmter Sonderkonstruktionen und Bauteile beachtet werden müssen.“ (MVV TB, B 1) Im Unterkapitel B 3, „Technische Gebäudeausrüstungen und Teile von Anlagen zum Abfüllen und Umschlagen von wassergefährdenden Stoffen, die die CE-Kennzeichnung nicht nach der Bauproduktenverordnung tragen“, werden Wohnungslüftungsgeräte als Technische Gebäudeausrüstung definiert.

Für die in Unterkapitel B 3 behandelten Bauprodukte „ist zum Nachweis der fehlenden wesentlichen Merkmale unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 MBO ein Verwendbarkeitsnachweis erforderlich.“ (MVV TB, B 3.1) Fehlende Merkmale sind Eigenschaften des Bauproduktes/der Technischen Gebäudeausrüstung, die bisher keiner harmonisierten technischen Spezifikation unterliegen und deshalb noch nicht vom CE-Zeichen im Sinne der EU-Bauproduktenverordnung (Verordnung (EU) Nr.305/2011) umfasst werden.

Die fehlenden wesentlichen Merkmale, die vom CE-Zeichen nicht befasst sind, sind also: c.1) Brandverhalten; c.2) Kennlinienverlauf, Mindestvolumenstrom, Dichtheit, Luftqualität (Filter), Sicherheitseinrichtungen; c.3) Energetische Kennwerte. Diese Merkmale müssen gemäß MVV TB durch einen Verwendbarkeitsnachweis unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 MBO nachgewiesen werden.

In § 17 Abs. 1 MBO steht, dass „ein Verwendbarkeitsnachweis (§§ 18 bis 20) [.] für ein Bauprodukt erforderlich [ist], wenn 1. es keine Technische Baubestimmung und keine allgemein anerkannte Regel der Technik gibt, 2. das Bauprodukt von einer Technischen Baubestimmung (§ 85a Abs. 2 Nr. 3) wesentlich abweicht oder 3. eine Verordnung nach § 85 Abs. 4a es vorsieht.“ Dieser Absatz deckt sich also mit der obigen Definition der in Unterkapitel B 3, MVV TB, behandelten Bauprodukte/Technischen Ausrüstungen.

In § 18 bis 20 MBO werden als Verwendbarkeitsnachweise bestimmt:

  1. § 18 Allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen
  2. § 19 Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis
  3. § 20 Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall

Allgemein bauaufsichtliche Zulassungen für Bauprodukte werden laut § 18 Abs. 1 vom DIBt erteilt „unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 […], wenn deren Verwendbarkeit im Sinne des § 16b Abs. 1 nachgewiesen ist.“ Laut § 16b, Allgemeine Anforderungen für die Verwendbarkeit von Bauprodukten, ist in Abs. 1 festgelegt: „Bauprodukte dürfen nur verwendet werden, wenn bei ihrer Verwendung die bauliche Anlagen bei ordnungsgemäßer Instandhaltung während einer dem Zweck entsprechenden angemessenen Zeitdauer die Anforderungen dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes erfüllen und gebrauchstauglich sind.“

Im Verständnis des TZWL erlischt durch den derzeit für Stellungnahmen veröffentlichten Entwurf der MVV TB in Verbindung mit der MBO also keinesfalls die Notwendigkeit einer allgemein bauaufsichtlichen Zulassung für Wohnungslüftungsgeräte mit einer maximalen Luftleistung von 1.000 m³/h. Der Entwurf weist im Gegenteil sogar explizit darauf hin, dass eine allgemein bauaufsichtliche Zulassung obligatorisch ist, um die wesentlichen Merkmale von Wohnungslüftungsgeräten, die nicht von dem CE-Zeichen nach der harmonisierten EU-Bauproduktenverordnung (Verordnung (EU) Nr. 305/2011) befasst sind, in Übereinstimmung mit dem MBO durch einen derartigen Verwendbarkeitsnachweis zu belegen.